INDUSTRIE   13 | 3:00 Min

Immer noch nicht ausgesponnen

Der VEB Texafol als standhafter Lost Place

Als VEB Jutespinnerei Texafol firmierte zu DDR-Zeiten der Leipziger Spinnereibetrieb Tränkner & Würker Nachf. Das Unternehmen überlebte die Wende nur um Monate und hinterließ am Karl-Heine-Kanal eine charismatische Industriebrache aus der Gründerzeit.

Ruine hinter Zaun
Hinter Brombeerhecken verbergen sich die seit mehr als einem Vierteljahrhundert leer stehenden Gebäude

Am östlichen Ufer des Leipziger Karl-Heine-Kanals liegt unmittelbar an der Lützner Straße der Gebäudekomplex der ehemaligen Jutespinnerei Tränkner & Würker Nachfahren. In der Nachbarschaft der 1884 errichteten Baumwollspinnerei, einst die größte ihrer Art in Kontinental-Europa, produzierte man hier vor allem Verpackungsmaterialien und Hochdruckpressfäden. Die Fabrikanlage wurde im Jahr 1896 errichtet, das Gelände prägt ein langgestreckter einstöckiger Hallenkomplex, der in drei größere Produktionshallen unterteilt ist. Mit dem Kanal auf der einen und eingefasst von zwei Gleisanschlüssen lag das Objekt gut erschlossen in den aufstrebenden Industrierevieren von Lindenau und Plagwitz.

Graffiti im Heizhaus
Nahezu altarhaft präsentiert sich das Innere des leeren Kesselhauses mit Graffiti-Galerie
Ehemalige Betriebskantine
In der ehemaligen Betriebskantine häufen sich Schutt und Unrat unter mittlerweile freiem Himmel
Brandschaden Nebengebäude
Viele der Nebengebäude bieten nach Brandschäden einen unverstellten Blick ins Freie

Von Leerstand und Vandalismus gezeichnet

In der DDR war das Unternehmen als VEB Jutespinnerei Texafol bekannt. Trotz Umfirmierung in die Texafol Leipzig GmbH überlebte der Betrieb die Wendezeiten nicht. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert stehen die Hallen mittlerweile leer. Der Zahn der Zeit und diverse Brandstiftungen haben den markanten Gebäuden stark zugesetzt. Ein Nebengebäude und ein Teil der Umfassungsmauer wurden beim Ausbau der angrenzenden Lützner Straße Ende 2015 abgerissen, ansonsten ist das Gebäudeensemble, wenn auch von Verfall und Zerstörung gezeichnet, erhalten geblieben.

Leerer dunkler Flur
Im Verwaltungsteil spielen Licht und Schatten auf kahlen als auch bunten Wänden
Lichtspiele unter Dachschaden
Das fehlende Dach gewährt der Sonne ungewohnten Zugang und sorgt für interessante Ansichten
Leere ruinöse Räume
Das Gebäudeensemble ist durch Leerstand, Verfall und Vandalismus geprägt
Bunte Graffitis an Türen
Auch ohne breiten Besucherverkehr präsentieren sich zahlreiche Graffiti-Galerien dem Betrachter
Blick in die Produktionshalle
Baulicher Mittelpunkt der Anlage ist die langgestreckte ehemalige Produktionshalle
Westseite des Gebäudeensembles
Auf der Anhöhe neben dem Karl-Heine-Kanal wirken die alten Gebäude beinahe burgenhaft-trutzig
Verfallene Nebenhalle
Bei vielen Räumen lässt sich die einstige Verwendung nur noch schwach erahnen
Zerstörtes Dach
Allgegenwärtig ist Vandalismus, nach Brandstiftungen stürzten Teile des Daches ein

Zukunft immer wieder offen

Auf dem südlichen Areal des Geländes entstand bereits 2011 ein Gesundheits-Sportzentrum, das einen Gebäudeteil denkmalschutzgerecht sanierte. Die erhoffte Initialzündung für weitere neue Nutzungen der brach liegenden Industrieflächen blieb jedoch aus. Es gab dennoch immer wieder Aktivitäten und Projektentwicklungen. Ende 2017 fanden auf dem Gelände Rodungs- und Entrümpelungsarbeiten statt. Konkrete Pläne einer Nachnutzung verharrten jedoch hartnäckig in der Gerüchteküche. Im Frühjahr 2024 gelangten die Baupläne zur öffentlichen Vorlage. Geplant ist eine Nutzung aus Wohnen und Gewerbe, die Teile der alten Anlagen einschließt. Nun soll der Plan mit stärkerer Wohnnutzung neu angepasst werden.

Ansicht Lützner Straße
Ende 2017 wurde das Gelände entrümpelt und Bewuchs entfernt, konkrete Aktionen folgten noch nicht
Fabrikruine in Vegetation
Bis sich nach dreieinhalb Jahrzehnten Veränderungen abzeichnen, ist (wieder einmal) Warten angesagt

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