ORTE & PLÄTZE
Naturwunder und Sehnsuchtsort
Lost Places, Romantik, Ruinen
Ein verheerendes Feuer nach einem Blitzeinschlag machte im 16. Jahrhundert Burg und Kloster auf dem Oybin zu Ruinen. Später fanden dort Maler der deutschen Romantik Inspiration und passende Motive. Die imposanten Ruinen der gotischen Bauwerke begeisterten Malergrößen wie Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus oder Carl Blechen.
-Die eindrucksvollen Ruinen machten die launig wirkende Felslandschaft des Oybin zu einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Oberlausitz. Ihr Ursprung liegt im 14. Jahrhundert, die Stiftung eines Coelestinerklosters ergänzte bald die slawische Burganlage. Die Klosterkirche entstand unter dem Einfluss der berühmten Prager Dombauschule. In den Wirren von Reformation und Gegenreformation löste man zwar das Kloster auf, doch das Ende brachte ein verheerender Brand nach einem Blitzeinschlag im Jahr 1577. Rund einhundert Jahre später riss ein Felssturz weite Teile des Bergplateaus in die Tiefe. Mit ihm bekam das Felsmassiv sein heutiges schroffes Aussehen.
Die berühmte Kirchruine
Eine besondere Verbindung zum Oybin hatte Carl Gustav Carus. Der in Dresden lebende Arzt, Maler und Naturphilosoph stand in engem Kontakt mit den geistigen Größen seiner Zeit, unter anderem mit Johann Wolfgang Goethe, Caspar David Friedrich, Alexander von Humboldt oder Ludwig Tieck. Carus prägte den Begriff des Un-Bewusstseins, gilt als Vordenker der Tiefenpsychologie und der ganzheitlichen Medizin.
Eng verbunden fühlte sich Carus seinem lebenslangen Freund Caspar David Friedrich. Dieser entdeckte für sich den Oybin im Juli 1810 auf einer Reise ins Riesengebirge. Noch vor Ort setzte er die Ostpartie der gotischen Sakristei in einer aquarellierten Bleistiftskizze um, später folgte ein Gemälde. Rund zehn Jahre später verwendete Friedrich das Motiv noch einmal in seinem Gemälde Huttens Grab.
Bald entwickelte sich der abgelegene Berg mit seinen Ruinen zu einem regelrechten Sehnsuchtsort der Romantik. Beständig zog er Maler und Dichter in seinen Bann, bald folgten zahlreiche Sommerfrischler. Mit der Erschließung der Gegend durch Postkutsche und Eisenbahn begann man, die Ruinen von Burg und Kloster für die Nachwelt zu sichern.
Schauervoller heiliger Anblick
Die eindrucksvolle Ruine auf dem nicht minder beachtenswerten Felsmassiv beschrieb der Arzt und Schriftsteller Christian August Peschek – eine Generation vor Carus – in einem zeitgenössischen Reiseführer:
Von dieser Schlucht steigt man sogleich daneben eine erneuerte oder ausgebesserte Treppe herauf in die alte gewiß sehr merkwürdige Klosterkirche. Von dieser ist unter allen Gebäuden noch am meisten zu sehn, welches wir ihrer äusern ordentlichen Festigkeit zu verdanken haben. Alle ihre Wände, die aus hier gebrochnen Steinen verfertigt, und für die Ewigkeit zusammengekittet zu seyn scheinen, und deren gegen Mittag stehende fast bis an das Dach aus dem Felsen gehauen ist, sind noch unversehrt, sogar bis auf die zierlichen Fensterstöcke. Aber das Dach ist eingestürzt, und man steht zwischen diesen öden, an 70 bis 80 Fuß hohen Mauern unterm freyen Himmel. Ein schauervoller heiliger Anblick, erhöht durch das wiederhallende dumpfe Getön jedes laut ausgesprochenen Wortes!
(Christian August Peschek: Der Oybin bey Zittau. Raubschloss, Kloster und Naturwunder. Mahlerisch und historisch beschrieben, Zittau und Leipzig: Johann David Schöps 1804)
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