Triumph der Neuen Schäbigkeit


Lost Place muss Platz machen

  URBANES   13 | 2:00 Min

Der in den 1930er Jahren entstandene Hafen in Leipzig hatte über Jahrzehnte keinen Anschluss an das Gewässernetz. Mit der Anbindung kam die Aufwertung des Gebietes und der Bau eines neuen Stadtviertels, das allerdings unter Architekten auf geteilte Zustimmung stieß.

Flutung Hafendurchstich
Der offizielle Durchstich vom Karl-Heine-Kanal zum Hafen war eine erfolgreiche PR-Aktion

Ende vom Dornröschenschlaf

Jahrzehntelang war der Lindenauer Hafen ein Stück Leipzig. Natürlich wusste man, dass es Betriebsgelände war, die Anlage ein Inseldasein führte und keine Anbindung an ein Gewässer hatte. Doch er war einfach da, das Areal bot am Rande Raum für Hunderunden und Spaziergänge. Am 29. Januar 2015, einem Donnerstag, erfolgte feierlich die wasserseitige Anbindung des Hafens an den Karl-Heine-Kanal. Der zum Durchstich hektisch angesetzte Pressetermin inmitten landesweit gärender Protestaktion um Pegida & Co. konnte die lokale Aufmerksamkeit erreichen.

Baumstumpf am Kanalende
Bereits im Frühjahr 2009 ließ eine Rodungsaktion umfangreiche Baumaßnahmen erahnen
Alte Luisenbrücke
Die alte Luisenbrücke an der Lützner Straße führte lange Jahre nur über Brachland
Gebäudereste am Hafen
Halbruinen technischer Einrichtungen ergänzten stilsicher das brachliegende Areal
Baracken auf Hafengelände
Der heutige Mittelpunkt des Hafen-Quartiers mit Ruinen vom Baukombinat

Eine Brachfläche verschwand, die Heldenstadt und Boomtown des Ostens sollte (und musste) um ein weiteres Wohnviertel wachsen. Doch das, was dann emporwuchs, charakterisierten lokale Architekten leicht ätzend als Stil der Neuen Schäbigkeit. Ungeachtet der ghettohaften Grundschnitte, den gefühlten Geschosshöhen von knapp zwei Metern und dem Flair eines Supermarkt-Parkplatzes überstiegen die Vermietungspreise des ersten Nachwende-Neubaugebietes deutlich die 10-Euro-Marke. Was hip ist, muss inhaltlich wohl nicht weiter überzeugen.

Beräumte Brachfläche am Hafen
Das brachliegende Hafengelände war für Bau und Erschließung schnell beräumt
Blick von Luisenbrücke
Nach der Brückensanierung schloss sich die Profilierung des Wasserbeckens an
Neubau der Hafenmauer
Im Frühjahr 2014 liefen die Arbeiten zum Aufbau der neuen, längeren Hafenmauer
Graffiti an Hafenmauer
In jenem Jahr grüßte auch noch ein einsames Schüsselkopfmännchen von der Betonwand
Graben für späteren Durchstich
Nach Rodungsarbeiten war der Kanal-Graben im Jahr 2013 für den Durchstich vorbereitet
Brückenrückbau auf B87
Die längst verfüllte Brücke zum einst geplanten Industriehafen III verschwand ohne Aufsehen
Vermietungsbüro auf Baustelle
Erstes architektonisches Highlight auf dem Gelände war das provisorische Vermietungsbüro
Neues Stadtviertel im Bau
Im Herbst 2017 liefen die Arbeiten am ersten Leipziger Nachwende-Neubaugebiet auf Hochtouren