Saure-Gurken-Zeit für Lost Place


Konserven-Schumann bleibt

  URBANES   11 | 3:10 Min

Bezeichnet die Redewendung eine Zeit der Knappheit oder Flaute, gibt es in Leipzig noch weitere Bezüge. Die Reste der brachliegenden Fabrik Konserven-Schumann sollten 2014 Geschichte sein. Doch auch Jahre später hat sich auf der Brachfläche nichts getan.

Firmenschriftzug an Gebäudefront
Der verwitterte Schriftzug überstand DDR-Wirtschaft und Jahrzehnte des Leerstands

Unter der Adresse Konservenfabrik Gebrüder Schumann, Leipzig C 1, Dösner Weg 16 firmierte die 1890 gegründete Fabrik am zweiten Standort nahe des Bayerischen Bahnhofs. Man stellte Gemüsekonserven her und wurde deswegen im Volksmund schnell zu Gurken-Schumann. Aus logistischen Gründen setzten die Schumanns auf die Nähe zum modernen Verkehrsmittel Eisenbahn. Dass es keine Neubauten am neuen Standort gab, dürfte ökonomische Gründe gehabt haben.

Erbstücke der Eisenbahn

Einige dieser heute noch als Ruine vorhandenen Gebäude haben ihren eigenen Bezug zur Eisenbahn, handelt es sich bei ihnen doch um die Reste der einstigen Hauptwerkstatt der Sächsisch-Bayerschen Eisenbahn. Für diese Gesellschaft ging der Bayerische Bahnhof in Leipzig 1842 in Betrieb. Die ursprünglichen Gebäude sind durch zahlreiche Umbauten und Erweiterungen im Laufe der Jahrzehnte stark verändert worden.

Ruinen vor Neubaufront
Verloren wirken die Gebäudereste vor den Neubaublöcken in der Straße des 18. Oktober

Im Jahre 1907 endete die Ära der Eisenbahn-Werkstatt am Bayerischen Bahnhof. Reparaturen wurden künftig in Zwickau ausgeführt, ein Teil des angestammten Gebäude-Areals musste der Erweiterung des Bahnhofs weichen. Das hatte den recht abgeschnitten wirkenden Zustand der Gebäuderückseiten zur Folge. Im Zuge der 1975 begonnenen Neubebauung der Straße des 18. Oktober stellte man den Bayerischen Bahnhof unter Denkmalschutz. Angedacht war damals, den Bahnhof als Eisenbahnmuseum mit überdachter Ausstellungshalle einzurichten. Über vage Planungen konnte das interessante Projekt jedoch nie hinauswachsen. Der Rest der Geschichte des ältesten erhaltenen Kopfbahnhofes Deutschlands war von etappeweisem Niedergang geprägt. Nebenan wurstelte man sich bei Konserven-Schumann durch Zeit und Planwirtschaft.

Fläche Bayerischer Bahnhof
Der alte Bayerische Bahnhof ist erledigt, auf dem Gelände soll Wohnbebauung entstehen
Südwest-Fassade
Die abgehackt wirkende Bauform der Südwestseite stammte von der Erweiterung Bahnhofs

Lange nicht mehr zeitgemäß

Bei Gurken-Schumann erloschen die Lichter bereits viel früher. Kurz nach der Wende ging der privat geführte Betrieb endgültig unter und die Gebäude blieben dem Verfall überlassen. Ein Großbrand im Jahr 2011 machte den Großteil der Anlage zu einer einsturzgefährdeten Ruine. Diverse Zündeleien waren vorausgegangen, weitere sollten noch folgen. Der Abriss der Gebäudereste von Gurken-Schumann war nach manchem Hin und Her für September 2014 geplant. Der oft vertagte Abriss wird wahrscheinlich bei der Anlage des geplanten neuen Stadtteils auf der Brachfläche der Bahnanlagen erfolgen. Genaueres ist nicht bekannt.

Bauzaun am Werkseingang
Kurz nach der Wende schloss der Eingang der traditionellen Konservenfabrik für immer
Front ausgebranntes Gebäude
Großbrände und Vandalismus haben die alten Gebäude bis zur Unkenntlichkeit verändert
Verfallene Nebengebäude
Gurken-Schumann war bereits vor der Schließung vollkommen aus der Zeit gefallen
An der Verladerampe
An der ehemaligen Verladerampe türmen sich seit vielen Jahren nur noch Gebäudetrümmer
Ausgebranntes Gebäude
Brandschäden haben die durch Umbauten ohnehin stark veränderten Gebäude vollends entstellt
Kesselanlage im Heizhaus
Reste der Kesselanlagen rosten im alten Heizraum vor sich hin, die Unratberge wachsen
Graffiti mit Sprechblase
Teile der Brachfläche präsentieren sich als Biotop und große Freiluft-Galerie