URBANES
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Lost Places sind auch schnell mal weg
Lost Places sind aus der Zeit gefallen, doch dieser Raum ist fragil. Wenn alle aus der fotografierenden Meute da waren oder gelangweilte Kids sich in Zündellaune feierten, ist endgültig Schluss. Aber auch ein Happy End lässt von jener Zwischenzeit nichts übrig.

Man kann nichts festhalten, nicht wirklich konservieren. Dem ist auch mit musealer Nutzung nicht authentisch beizukommen. Mit dem Wiederaufbau hört eine Ruine auf, eine Ruine zu sein. Doch je mehr Details erhalten bleiben, desto größer wird die Chance, dass sich von dem ursprünglichen Charakter des Hauses oder des Gebäudeensembles etwas in die aktuelle Zeit hinüberretten kann. Viel Zeit zum Festhalten bleibt jedoch meist nicht.
2010 | 2023 Hainstraße Leipzig: Inzwischen sind Häuserlücken, Provisorien und Baustellen verschwunden, die neuen Bauten passen sich dem kleinteiligen Parzellenmuster an.
2017 | 2023 Areal Brauerei Naumann: Von der Brauerei blieb als hohler Zahn ein Teil des Sudhauses stehen, architektonisches Feigenblatt des neu entstandenen Wohnparks.
2009 | 2022 Verlängerung Karl-Heine Kanal: Mit dem Durchstich erhielt 2015 der Lindenauer Hafen nach Jahrzehnten seine Wasseranbindung – im zeitgemäßen Betonkorsett.
2010 | 2022 Aurelienstraße Plagwitz: Das einstige Industrierevier war von Verfall, Industrieresten und geräumten Brachflächen geprägt, heute gilt der sanierte Stadtteil als woke & hip.
2010 | 2023 Aurelienbogen am Kanal: Man sollte meinen, die alte Rechenmaschinenfabrik habe als spätere Edelimmobilie ihrem Namen Triumphator
alle Ehre gemacht.
2015 | 2022 Umbau Hauptbahnhof: Die neue Infrastruktur brachte im Umfeld des Bahnhofs den Totalabriss. Später versank das brachliegende Areal Westseite in urbaner Wildnis.
2016 | 2023 Brachfläche Franz-Flemming-Straße: Vieles ist möglich, anstelle der Abrissbagger kam hier das Kettensägen-Kommando. Es wächst ein Areal für gemischte Nutzung.
2014 | 2023 Ruine Maschinenbaufabrik Swiderski: Nimm nichts mit – außer Deinen Bildern. Lass nichts da – außer Deinen Fußspuren!
So läuft der Abriss beinahe von allein.
2017 | 2022 Brauerei Freyberg Halle: Ein Lost Place an einem Wassergrundstück? Im Jahr 2022 lief der Umbau des Verwaltungsgebäudes zur Edelimmobilie an der Saale.
2014 | 2019 Burgplatzloch
Leipzig: Die berühmteste Baubrache der Stadt überdauerte mehr als 22 Jahre wechselnde Eigentümer. Seit 2019 hat der Burgplatz ein neues Gesicht.
2012 | 2016 Hainspitze Leipzig: Für kurze Zeit öffnete sich mit der Baugrube inmitten der City ein archäologisches Fenster, das bis in die Anfänge der Stadtgeschichte zurückreichte.
Veränderungen erfolgen oft auf radikale Weise durch Abriss und Neubau. Aber auch die kleinen Veränderungen, die zumeist unauffällig und kaum sichtbar erfolgen, summieren sich nach einiger Zeit zu einem neuen Gesamteindruck. Doch so etwas fällt erst nach längerer Abwesenheit des Betrachters ins Auge.