ORTE & PLÄTZE 16 | 2:45 Min
Abseits der Touristenströme
Lost Places im Harzer Selketal
Inmitten des wildromantischen Selketals liegt die beschauliche Ortschaft Mägdesprung. Der Brand einer traditionsreichen Ausflugsgaststätte im Sommer 2018 verdeutlicht das enge Nebeneinander von Licht und Schatten in einer der beliebtesten Urlaubssregionen Mitteldeutschlands.
![Verwaltungsgebäude des ehemaligen Hüttenwerkes in Mägdesprung Verwaltungsgebäude des ehemaligen Hüttenwerkes](img/archiv/harz-maegdesprung.jpg)
Das Selketal gehört zu den schönsten Flusstälern des Harzes. Der gut 60 Kilometer lange Fluss ist ein Nebenarm der Bode, der unverbaut und naturbelassen den Unterharz und das nördliche Harzvorland durchfließt. Wenngleich das Selketal zu den empfehlenswerten Ausflugszielen des Harzes gehört, ist an vielen Stellen zu spüren, dass es auch ein wenig aus der Zeit geraten ist. Es liegt abseits der großen Menschenströme zum Brocken und zu anderen so genannten Hot Spots. Mit seiner überkommenen Infrastruktur passt es nicht so recht in die typischen Touristengeschmäcker der Zeit. Doch das spricht nicht gegen den Landstrich mit seinem eigentümlichen Reiz. Was manche Touristen reizt, konfrontiert zudem den Berufspendler mit Problemen. Ein abgelegener Standort gilt als Geheimtipp, wenngleich ausbleibende zahlende Kundschaft den Ortsansässigen den Broterwerb verhagelt.
![Das ehemalige Betriebsferienheim der Reichsbahndirektion Magdeburg Leeres Fachwerk-Kurheim](img/archiv/harz-alexisbad-reichsbahnheim.jpg)
![Verfallene Gebäudeteile und Baulücken im Stadtzentrum Hof am Marktplatz](img/archiv/harz-harzgerode-zentrum.jpg)
Vergessene Randlagen
Abseits der stark frequentierten Gebiete, nicht selten auch in malerischen Gegenden und beschaulichen Ortschaften, bröckelt der Putz. Es regieren Leerstand, Ödnis und Verfall. Die Gründe sind oftmals dieselben: Strukturwandel, leere öffentliche Kassen, fehlende Arbeitsplätze, demografischer Wandel. Besucher blieben aus, Anwohner zogen fort. Durch unzureichendes Gegensteuern schuf die Zeit unumkehrbare Tatsachen. Ganze Ortschaften und Landstriche drohen darüber in Vergessenheit zu geraten. Tourismus ist kein Selbstläufer.
![Hofgebäude in einem kleinen Ort abseits der Touristenströme Blick auf Hofgebäude](img/archiv/harz-strassberg.jpg)
![Hofseite der Hüttenverwaltung versinkt in der Natur Hofseite der Hüttenverwaltung](img/archiv/harz-huettenwerk-rueckfront.jpg)
Abseits in Mägdesprung
Einer dieser Orte ist das Städtchen Mägdesprung im südlichen Selketal. Die Sage vom Mägdesprung über das Selketal wurde von den Brüdern Grimm und Ludwig Bechstein aufgezeichnet. Einst soll hier ein Riesenmädchen zu einem kühnen Sprung über das Tal angesetzt haben. Im 17. Jahrhundert hielt die Hüttenindustrie Einzug in Mägdesprung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte sich der Standort im 19. Jahrhundert zu einer erfolgreichen Adresse für Kunstguss-Erzeugnisse. Das beschauliche Städtchen an der Selke brachte es in der Folge bald auf mehr als 200 Einwohner. Die Geschicke von Hüttenwerk und Ort waren stets eng miteinander verbunden. Nach der politischen Wende geriet das Werk binnen kurzer Zeit zu einer Industriebrache. Das Gelände wurde beräumt, Teile davon parzelliert und verkauft. Im Jahre 2016 zählte man im inzwischen nach Harzgerode eingemeindeten Mägdesprung noch 54 Bewohner. Von großen Sprüngen kann man hier nicht mehr berichten.
![Brandruine der 'Kutscherstube' in Mägdesprung Brandruine der 'Kutscherstube'](img/archiv/harz-kutscherstube.jpg)
Kutscherstubein Mägdesprung bis auf die Grundmauern nieder
![Blumentopf steht für enormen Brandschaden Blumentopf mit Brandschaden](img/archiv/harz-blumentopf.jpg)
![Niedergebranntes Gebäudeareal der 'Kutscherstube' Niedergebranntes Gebäudeareal](img/archiv/harz-kutscherstube-hotel.jpg)
![Stehen gebliebene Außenmauer der ehemaligen 'Kutscherstube' Außenmauer Brandruine](img/archiv/harz-wildnis-ruine.jpg)
![Das benachbarte ehemalige 'Kurhaus Meves' Brandfläche und Hotelruine](img/archiv/harz-brandflaeche.jpg)
Kurhaus Meves
![Mülltonne im Hofbereich des Areals Mülltonne im Hofbereich](img/archiv/harz-muelltonne.jpg)
![Harztypische Loggia am Hotel Mewes Loggia am Hotel Mewes](img/archiv/harz-hotel-loggia.jpg)
![Touristisches Brachland in Mägdesprung Brachland in Mägdesprung](img/archiv/harz-loggia.jpg)
![Ausgeglühter Stahlträger im Schutt des Gebäudes Ausgeglühter Stahlträger](img/archiv/harz-metalltraeger.jpg)
Welterbe, Leuchttürme und Ödnis
Dabei liegt das Selketal nicht im Niemandsland, keine zwanzig Kilometer entfernt befindet sich die Welterbestadt Quedlinburg mit ihrem historischen Kern aus Fachwerkbauten, dem Dom und einer recht lebendigen Innenstadt. Dort und an anderen Hotspots scheint die touristische Welt in Ordnung, doch zwischen ihnen gähnt Ödnis. Einige wenige lokale Gaststätten und Hotelbetriebe harren noch gegen den Mainstream aus. Bäcker und Fleischer findet man meist nur noch im Discounter in lokaler Randlage. Für einen Ausflug in die Gegend sollte man sich besser Speisen und Getränke mitnehmen.
![Der letzte Rest des Carlswerkes ist denkmalgerecht saniert Fabrikhalle Carlswerk](img/archiv/harz-carlswerk.jpg)
![Die Reste der ehemaligen Windmühle in Rieder Mühlensockel im Wohngebiet](img/archiv/harz-muehlenruine.jpg)
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