TECHNIK
Durchgefallene Zeitzeugen
Eisenbahn-Lost-Place in Gernrode
Die Selketalbahn im Harzer Schmalspurnetz ist fester Bestandteil der touristischen Vermarktung der Region. Doch neben überrannten Hotspots klaffen ausgedehnte Löcher. Eines ist der alte Umladebahnhof mit seiner unfreiwilligen Fahrzeugsammlung.

Manches läuft leider vollkommen anders ab als ursprünglich geplant. Die Sachstände sind schnell erzählt. Ausgeliefert wurde die 199 010 im Jahre 1934 als Kleinlok Kö 4325, später versah sie als 100 325 ihren Dienst bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR. Genau 50 Jahre nach ihrer Indienststellung war es die erste von fünf auf Meterspur umgebauten Loks. Auf die neue
199 010 warteten wichtige Aufgaben im Harz. Doch die politische Wende ließ es anders kommen. Binnen weniger Monate war die Region zwischen Gernrode, Nordhausen und Straßberg Brachland ohne Industrie. Touristen zog es anderswo hin.

Eisenbahnfreunde sicherten die 1993 ausgemusterte Maschine vor einem ungewissen Schicksal. Ihr neuer Standort wurde der Bahnhof Gernrode. Auch der Eintrag in die Denkmalliste Sachsen-Anhalts suggerierte Sicherheit. Doch ausgerechnet die vielbeachtete Verlängerung der Selketalbahn in die Welterbestadt Quedlinburg stand für den Anfang von ihrem Ende. Seither besitzt Gernrode einen völlig überdimensionierten Parkplatz für Selketalbahn-Besucher. Dem umgebauten Bahnhof Gernrode fehlen hingegen wichtige Abstellflächen.

Die 199 010 und eine Handvoll historischer Güterwagen mussten als Modernisierungsfolge auf den ehemaligen Umladebahnhof umziehen. Wenige hundert Meter Entfernung zum bisherigen Standort brachten dann die vorprogrammierten Vandalismusschäden. Einige wenige Jahre ließen das gepflegte Lokomotivchen zum Wrack verkommen.







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