WEGE & PFADE
Wüster Bau in Wüsteneutzsch
Mega-Schleuse als Lost Place
Neben dem Lindenauer Hafen gehört die Schleusentreppe in Wüsteneutzsch zu den größten Bauwerken, die mit dem unvollendeten Elster-Saale-Kanal errichtet wurden. Mit ihr sollten 20 Meter Höhenunterschied auf dem Weg zur Saale bewältigt werden.

Das halbfertige Schleusenbauwerk scheint die perfekte Illustration des alten Ortsnamens Wüsteneutzsch abzugeben. Kriegsbedingt blieb hier das 1933 begonnene Kanalbau-Projekt unvollendet. Beide Endpunkte der neuen Kanalstrecke lagen damit auf dem Trockenen. Während Speicher und Hafengelände in Leipzig auf andere Weise auch ohne Wasseranschluss genutzt werden konnten, verblieb in Wüsteneutzsch nur eine Bauruine. Dass das Bauwerk überhalb halbfertig werden konnte, stand in der Planungsphase noch nicht fest, ursprünglich war die Errichtung eines Schiffshebewerkes geplant.

Parallele Großprojekte
Dabei kommt die Verbindung zum nahezu zeitgleich entstandenen Schiffshebewerk in Magdeburg-Rothensee nicht von ungefähr. Die Anlage am Mittellandkanal war in ihren Abmessungen von 12 Metern Breite und 85 Metern Länge ebenfalls für die damals modernsten Schiffe der 1000-Tonnen-Klasse ausgelegt. Ein Schiffshebewerk hätte jedoch die Baukosten des geplanten Kanals mehr als verdoppelt, die Überwindung der Fallhöhe von zweimal elf Metern wäre zudem technisches Neuland gewesen. Bei dem zu erwartenden Schiffsaufkommen auf dem Elster-Saale-Kanal erschien eine Schleusentreppe als ausreichend.


Das Kanalbauprojekt stand nicht allein: Als Südflügel des Mittellandkanals
sollte die Schiffsverbindung zwischen Leipzig und der Saale entstehen, zeitgleich zum letzten Abschnitt des Mittelland-Kanals am Wasserstraßenkreuz Magdeburg. Beide Großprojekte kamen kriegsbedingt im Februar 1943 zum Erliegen. Während das Wasserstraßenkreuz Magdeburg im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit im Jahr 2003 vollendet wurde, blieb am Leipziger Kanal und der Schleusentreppe in Wüsteneutzsch die Zeit stehen.





Aufgeschoben – aufgehoben
Eine Fortführung der unterbrochenen Arbeiten am Kanal sollte bald nach dem Endsieg erfolgen. Doch das zu 75 Prozent fertige Großprojekt war bereits durch die Entwicklung eingeholt. Leipzigs Industrie war durch Eisenbahn und Schiene ausreichend gut erschlossen, Investitionen an anderer Stelle sinnvoller. Auch aus heutiger Sicht erscheint eine Vollendung ökonomisch unsinnig. Das touristische Interesse an einer Wasserstraßen-Anbindung Leipzigs beschränkt sich auf einige wenige Sportbootfahrer. Ausflugslinien auf der Saale sind inzwischen pleite oder bis zur Marginalität geschrumpft.



Manches Trennende
Auch mit den kursierenden Namen des unvollendeten Kanalprojektes bestehen scheinbar nicht zu überwindende Probleme. Die den Leipzigern als Elster-Saale-Kanal und den Anhaltern in exakt umgekehrter Reihenfolge als Saale-Elster-Kanal vertraute Wasserstraße heißt offiziell Saale-Leipzig-Kanal. Diese hochoffizielle Umzeichnung erfolgte mit Wirkung vom 24.03.1999. Von beiden Bevölkerungsgruppen werden sowohl der neue Name als auch die alte Bezeichnung der jeweils anderen Gruppe abgelehnt oder bestenfalls strikt gemieden. Das Verzeichnis der sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes führt das mitteldeutsche Kanal-Fragment vergleichsweise neutral unter der laufenden Nummer 6901.

strompolizeilichnoch nicht kannte, ist jetzt nicht unter Strom, aber immerhin im Bilde
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