WEGE & PFADE 14 | 3:30 Min
Eine Bimmelbahn an ihrem Ende
Die letzten Züge der Preßnitztalbahn
Der dreizehnte Tag des Jahres 1984 fiel auf einen Freitag. Es sollte der letzte Betriebstag der alten Preßnitztalbahn sein. Ab Niederschmiedeberg erfolgte aus technischen Gründen bis auf weiteres
Schienenersatzverkehr. Auch die Einstellung des Restbetriebes war nicht aufzuhalten.
Hinterland erschlossen
Als Ende des 19. Jahrhunderts die Ausdehnung des Eisenbahnnetzes ihrem Höhepunkt entgegenging, konnten die kleinen Bahnen diese Entwicklung noch ein Stück weit fortsetzen. Dabei halfen nicht allein vereinfachte Betriebsvorschriften – Die schmale Spur und das gedrungene Profil ermöglichten die preiswerte Erschließung entlegener Winkel. Der Anschluss an Eisenbahnnetz und weite Welt brachte Industriealisierung, Handel und Wohlstand. Für das Preßnitztal erfolgte durch die K.Sächs.Sts.E.B. am 1. Juni 1892 die feierliche Einweihung der neuen WJ-Schmalspurlinie.
Kühlschrankwerk sichert Überleben
Der Personenverkehr spielte traditionell eine untergeordnete Bedeutung. Grund für den Bahnbau waren zahlreiche Betriebe, die sich am Lauf der Preßnitz angesiedelt hatten und über Jahrzehnte mit Rohstoffen und Produkten das Verkehrsaufkommen bestimmten. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte der Aufbau des Kühlgerätewerkes in Niederschmiedeberg einen expandierenden Großkunden. Bereits 1960 verließen mehr als 120.000 dkk-Haushaltkühlgeräte das Werk in Niederschmiedeberg, 1989 überschritt man die Millionengrenze.
Am geringen Personenverkehr im Preßnitztal vermochte auch der Zeitgeist der 1970er Jahre mit verstärkten Freizeitaktivitäten und Interesse an lokalen Bezügen nichts zu ändern. Erst in den 1980er Jahren entdeckte man die Gegend für den Ausflugsverkehr, doch die touristischen Hotspots lagen bereits damals woanders. Zur Lebensader der Preßnitzbahn wurde mehr und mehr das Kühlschrankwerk in Niederschmiedeberg, das beständig für ein hohes Transportaufkommen sorgte.
Schrittweise zur Stilllegung
Aus heiterem Himmel kam das Ende nicht. Bereits Mitte der 1970er Jahre verweigerte man der kleinen Bahn den Ritterschlag auf die Liste der zu erhaltenen Tourismus-Bahnen und Kulturdenkmäler. Auch im Osten behielten ökonomische Fakten über technischen Werten die Oberhand. Nur wo man mit dem Weiterbetrieb das nützliche mit dem wertvollen verbinden konnte, stand das Türchen in die Zukunft offen. Die Touristenströme der 1980er Jahre blieben im Preßnitz- und Schwarzwassertal bescheiden, die positive Identifikation der Anwohner fiel weniger ins Gewicht, Proteste blieben unerhört.
So schlich auch im Pressnitztalbahn der Restbetrieb von Fahrplanwechsel zu Fahrplanwechsel. Die 1980 einsetzende Ölkrise sorgte für ein wenig Aufschub, änderte aber grundsätzlich nichts am Niedergang und der geplanten Stilllegung. Das Ende kam in Etappen und es kam nicht unvermittelt, wenngleich mit manchem hin und her. Die Inbetriebnahme des Containerterminals Bucholz im Oktober 1986 lenkte dann endgültig die lebenswichtigen Verkehrsströme aus dem Preßnitztal.
Bereits seit Frühjahr 1982 erfolgte kein Güterverkehr mehr über Niederschmiedeberg hinaus, was nicht weiter auffiel. Ein erster wirklicher Einschnitt erfolgte am 13. Januar 1984, als der Personenverkehr auf den maroden Gleisen ab Niederschmiedeberg eingestellt wurde. Der noch verbleibende Personenverkehr zwischen Wolkenstein und Niederschmiedeberg endete neun Monate später zum 30. September 1984. Auch da war noch nicht Schluss, der planmäßige Güterverkehr lief noch bis zum 21. November 1986, ebenfalls ein Freitag.
Die allerletzte Überführungsfahrt aus Niederschmiedeberg rückte am 5. Dezember 1986 in Wolkenstein ein. Buchmäßig erfolgte die Gesamtstilllegung der Strecke zum 31. Dezember des Jahres. Der Streckenabbau erfolgte bei laufendem Restbetrieb bereits ab Januar 1984. Mit dem Abbauzug begannen die Demontagearbeiten zunächst ab Jöhstadt, gerieten dann aber mehr und mehr zu ungeordnetem Aktionismus. Der öffentliche Unmut war deutlich und so war man bestrebt, schnell Tatsachen zu schaffen. Die Palette reichte vom Hausbau im Bahnhofsgelände bis zum Hubschraubereinsatz beim Rückbau. Dennoch zogen sich die Demontagearbeiten bis Sommer 1989 hin.
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