ANGEHEFTET 14 | 2:15 Min
Ein blaues Band, das durch die Lüfte flattert, wird man im Frühling neben Lost Places vergebens suchen. Die dunklen und trübsinnigen Jahreszeiten scheinen ein stimmigeres Licht auf die verlorenen Orte zu werfen. Doch der Schein trügt, kontrastreicher als im Frühling geht es nicht.

Der Frühling bringt Hoffnung und Aufbruch. Er erfüllt die Sehnsüchte nach Wärme und dem Wiedererwachen der Natur. Dieses Repertoire stammt noch aus Zeiten, in denen es nicht selbstverständlich war, lebendig und unbeschadet über den Winter zu kommen. Heute fallen für viele die Einschränkungen geringer aus, doch auch in modernen Zeiten lebt man nicht völlig außerhalb natürlicher Kreisläufe.

Kaum einer möchte sich dem Frühling entziehen, steht er doch für einen Neuanfang. Er markiert den Beginn in einem neuen Jahreszyklus und ist oft mit Analogien zum persönlichen Lebenslauf positiv besetzt. Mit dem Frühling sind Herbst, Dunkelheit und Kälte noch weit entfernt.



Die Natur präsentiert auch in den Jahreszeiten ihren ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Vielleicht liegt darin auch die scheinbar unpassende Verbindung zu den verlassenen und verlorenen Orten, ein Hinweis auf die Endlichkeit alles Daseins. Die Verbindung zwischen dem Wiedererwachen des Lebens und dem Verfall bringt Kontraste zutage und verweist auf Widersprüchliches. Doch ob Frühjahrsmüdigkeit oder erfolgreiche Abkehr vom Winterschlaf: Das Wort Frühling gehört zu den schönsten Sprachschöpfungen aus der Lutherbibel.








Die Wissenschaft sieht den schwer fassbaren Frühling gewohnt nüchtern. Als Verursacher der typischen Frühlingsdüfte haben sie weder Maiglöckchen noch Tulpen ausgemacht, sondern eine Substanz namens Geosmin. Dieser Stoff wird von Mikroorganismen im Boden produziert und strömt aus, sobald die warme Erde im Frühjahr Geruchsmoleküle freisetzt. So hat uns auch die Erde wieder. Ein gelungener Hinweis auf Wissenschaft, Bodenständigkeit und Endlichkeit.
